Seit Jahresbeginn bleibt die zeitnahe Umsetzung des E-Rezepts und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) in der Schwebe: Auf der DMEA im April gab Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach den Aufschub der geplanten Regelung zum e-Rezept für einen ungewissen Zeitraum bekannt. Auch die offizielle Einführung der eAU wurde bereits im März auf den 1. Juli 2022 verschoben. Wir haben alle aktuellen Entwicklungen und Stimmen rund um das e-Rezept und die eAU einmal zusammengefasst.
Die Vertagung der Einführung des e-Rezepts und der eAU begründete Lauterbach mit dem unausgereiften Zwischenstatus des Projekts. Bereits im März nannte er neben einer hohen Fehleranfälligkeit die unklare Nutzenbewertung, fehlende technische Voraussetzungen und eine unzureichende Testphase als ausschlaggebende Begründungen für die Verzögerung. Eine Studie der gematik am Jahresanfang untermauert diese Thesen: In einer Online-Umfrage verfügten knapp 40 Prozent der Arztpraxen über die Software zur Übermittlung der eAU. Allerdings besaßen nur 20 Prozent der ärztlichen Einrichtungen die Möglichkeit, die eAU elektronisch an die Krankenkassen zu übertragen. Als Hauptursache für eine ausbleibende Verwendung der eAU gaben die Artzpraxen Schwierigkeiten mit dem Update des Praxisverwaltungssystems und dem KIM-Dienst an.
Daran hat sich auch ein Vierteljahr später nichts geändert. Nach wie vor stellen technische Probleme die größte Hürde dar. Das belegte auch eine weitere Umfrage der KBV Ende April, an der sich rund 6.000 Arztpraxen beteiligt haben. Diese Schwierigkeiten wirken sich zudem negativ auf die Bereitschaft der Praxen aus, die beiden „e-Lösungen" zukünftig zu verwenden.
Als Gegenmaßnahme koordiniert die gematik seit Jahresbeginn bundesweit eine verlängerte Testphase zur Erprobung der digitalen Umstrukturierung. Zudem führte die gematik bis Ende April ebenso wie die KBV eine zusätzliche Online-Befragung über das Stimmungsbild in Arztpraxen durch, um einen Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand zu erhalten.
Im Rahmen der KBV-Umfrage verwiesen zudem mehr als 60% der Arztpraxen auf Akzeptanzprobleme bei den Patienten. Diese Schwierigkeiten sehen auch die Kostenträger. Dr. Frank Verheyen, wissenschaftlicher Institutsleiter bei der Techniker Krankenkasse, sieht die Herausforderung darin, die Vorteile der Etablierung des E-Rezepts und der eAU an die breite Bevölkerung heranzutragen. Für die Versicherten stehe dabei weniger die Arzneimittelsicherheit im Vordergrund als das Argument einer praktikablen Anwendung. Auch der Gesundheitsbundesminister plädierte auf der DMEA eindringlich dafür, einen öffentlichkeitswirksamen Fokus auf die Erkennbarkeit des Nutzens von e-Rezepten und eAU zu legen.