eMergent - BSI liefert Ergebnisse zur IT-Sicherheit des digitalen Notfallmanagements
Im Rahmen des Projekts eMergent hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zusammen mit dem Forschungszentrum Informatik (FZI) den aktuellen Stand der Digitalisierung des deutschen Rettungsdienstes erhoben sowie die IT-Sicherheit des digitalen Notfallmanagements untersucht.
eMergent bestand aus drei Teilen:
- eine Orientierungsstudie zur Identifikation verwendeter vernetzter Produkte im Rettungsdienst
- eine Studie zum Stand der Digitalisierung im Rettungsdienst (Teilstudie I) und
- eine Sicherheitsuntersuchung der identifizierten Produkte (Teilstudie II).
Die Ergebnisse der Orientierungsstudie geben einen Überblick über die Verbreitung digital vernetzter Produkten in der Notfallrettung, den Grad der Digitalisierung und Vernetzung sowie die Besonderheiten der einzelnen Bundesländer. Wir konnten uns im Rahmen der Datenerhebung der Orientierungsstudie als Experten mit einbringen. Insgesamt wurden 26 vernetzte Produkte identifiziert, die im deutschen Rettungsdienst genutzt werden. Diese teilten sich in 14 medizinische Geräte und 12 digitale Systeme auf. Die analysierten Produkte bieten eine gute Marktübersicht und sind repräsentativ für die Versorgung. In der Studie wird zudem ein prototypischer Rettungswagen skizziert, der mit den deutschlandweit meistverbreiteten vernetzten Produkten ausgestattet ist. Diese sind ein Corpuls3, rescuetrack und ein NIDApad.
Für die Teilstudie I zum Stand der Digitalisierung führte das BSI eine Anwender-Umfrage zur Wahrnehmung der Digitalisierung durch Rettungsdienstmitarbeitende durch. Hierbei wurde erfreulicherweise festgestellt, dass über 90% der Befragten digitale bzw. vernetzte Geräte nutzen oder schon mit ihnen in Kontakt gekommen sind. 50% der Einsatzkräfte haben gute und sehr gute Erfahrungen mit den vernetzten Geräten gemacht. In der Studie von Möllenhoff et al. sahen sogar 80% der Teilnehmer einen Nutzen in der Verwendung Informationstechnik im Rettungseinsatz. Diese Untersuchung zeigte zudem, dass die Nutzung informationstechnischer Geräte im Einsatz für ca. 70% der Befragten mehr Hilfe als Belastung ist. Im Vergleich dazu gaben in der Umfrage des BSI über 80% der Befragten an, dass ihr Arbeitsalltag durch die digitalen Geräte erleichtert wird. Trotz dieser positiven Einstellung zu vernetzten Produkten sahen ca. 43% der Einsatzkräfte und über 90% der Führungskräfte Risiken und Gefahren bei der Nutzung dieser Geräte. Kritisch wurde außerdem von mehreren Studienteilnehmer geäußert, dass der Datenaustausch zwischen Kliniken und Rettungsdienst häufig, aufgrund mangelnder Interoperabilität der Krankenhaus-IT, nicht möglich ist. Auch die ständige und zuverlässige Nutzbarkeit digitaler Produkte sowie die mangelhafte Mobilfunkabdeckung als Basis einer schnellen Datenübertragung wurde kritisiert. So sind bei mehr als 70% der Einsatzkräfte bereits vernetzte Geräte während des Einsatzes ausgefallen.
Die Untersuchung des technischen Standes der vernetzten Produkte ergab deutschlandweit ein heterogenes Bild in der Digitalisierung von Regionen mit voll integrierter digitaler Übergabe bis zu Gebieten mit komplett analogen Workflows. Dies ist bezeichnend dafür, wie stark die Fragmentierung im deutschen Rettungsdienst vorangeschritten ist. Zu den gleichen Ergebnissen kamen Möllenhoff et al. bei ihrer Untersuchung der deutschlandweiten Verfügbarkeit ausgewählter digitaler Systeme auf den Rettungswagen.
Bei der Sicherheitsanalyse in Teilstudie II untersuchte das FZI die Cybersicherheit der digitalen Produkte, die im Rettungsdienst eingesetzt werden. Es wurden insgesamt 11 Produkte 4 medizinische Geräte, 7 digitale Systeme) analysiert. Im Rahmen der Sicherheitsanalyse dieser Produkte wurden Möglichkeiten für Cyberangriffe identifiziert, Schwachstellen aufgezeigt und Handlungsempfehlungen zum Schließen dieser Sicherheitslücken gegeben. Bei fast allen Produkten wurden Schwachstellen in der IT-Sicherheit festgestellt, die jedoch häufig mit wenig Aufwand behoben werden können. Aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung empfehlen das BSI und das FZI mehr Unterstützung bei der Umsetzung von IT-Sicherheit für Hersteller und Anwender.
Das Fazit der gesamten Studie wirft ein positives Bild auf die Digitalisierung im Rettungsdienst: Es werden bereits viele vernetzte Produkte genutzt, die den Mitarbeitern des Rettungsdienstes ihre Arbeit erleichtern. Außerdem wurden die gefunden Schwachstellen der Produkte durch die Hersteller beseitigt und die untersuchten Produkte somit sicherer.
Das eMergent-Projekt zeigt eindrucksvoll, wie komplex und vielschichtig, aber auch heterogen die Digitalisierung im Rettungswesen ist. Es gibt in der Akut- und Notfallmedizin den Trend, dass sich Netzwerke formieren. Hierüber kann die Vernetzung entlang der Rettungskette organisatorisch sowie durch digitale Produkte unterstützt werden. Damit diese Lösungen sowohl im Netzwerk als auch darüber hinaus sinnvoll genutzt werden können, raten wir von der Einführung von Insellösungen ab, welche die Heterogenität der Rettungskette weiter bestärken. Insellösungen können, wie in der eMergent-Studie dargestellt, abgeschottete Systeme wie Versorgungsnachweissysteme, Telenotarztsysteme oder Medizingeräte mit eingeschränktem Zugriff sein.
Zudem besteht das Netzwerk in der Akut- und Notfallmedizin noch aus den Bereichen Krankenhaus und Leitstelle. Diese beiden wichtigen Akteure der Rettungskette wurden im eMergent-Projekt nicht untersucht. Nach Empfehlung des Eckpunktepapier zum digitalen Notfallmanagement sollten diese Strukturen in der gesamtheitlichen Betrachtung mit einbezogen werden. Damit wäre ein wesentlicher Bestandteil der Digitalisierung der Rettungskette, insbesondere der Datenübertragung und deren Schnittstellen, berücksichtigt. Datenaustausch über die Sektoren hinweg ist unter Berücksichtigung der IT-Sicherheit und des Datenschutzes im Bereich der Notfallversorgung Gegenstand in vielen unserer Projekte gewesen.
- Rettungskette5G – Identifikation innovativer Lösungen für eine bessere Kommunikation und Datenübermittlung zwischen Ersthelfern, Rettungsdienst, Kliniken und Leitstellen. Die Erfahrungen aus diesem Projekt zeigen, dass eine stabiler Mobilfunk für einen verlässlichen Datenaustausch entlang der Rettungskette nötig ist. Hierfür könnte 5G eine Lösung darstellen. Deshalb setzen wir uns für dessen Ausbau ein.
- Connect_ED – Entwicklung und Implementierung eines KI-basierten Kollaborationsdienstes zur synchronen Kommunikation und Datenübermittlung zwischen Präklinik und Klinik
- ARuN – Entwicklung einer Erkennungsunterstützung bei Schlaganfällen für den Rettungsdienst basierend auf KI und Sensorik
Mit solchen Projekten und unseren Produkten leisten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung der digitalen Rettungskette. Wir haben als ZTM eine Plattform aufgebaut, in der wir mit allen Herstellern von vernetzten Medizingeräten, Rettungsdienstdokumentationssystemen und Krankenhausinformationssystemen eine Vereinheitlichung des Workflows und der Datenübertragung und -verarbeitung vereinbart haben. Hierdurch werden Insellösungen vermieden und die Interoperabilität entlang der gesamten Rettungskette vorangetrieben.
Wir beraten und unterstützen Sie gerne, damit Sie umsichtig ein vernetztes Rettungswesen implementieren und dieses nachhaltig erfolgreich gestalte können. Nehmen Sie dazu gerne mit uns Kontakt auf.
Das BSI ist eine Bundesoberbehörde und verfolgt das übergeordnete Ziel, die IT-Sicherheit in Deutschland zu fördern. Hierfür arbeitet das BSI sowohl mit der Bundesregierung als auch mit IT-Herstellern und Nutzern zusammen und berät diese. Die weiteren Aufgabenbereiche des BSI liegen in der Untersuchung von Sicherheitsrisiken von IT-Systemen, der Definition des Stands der Technik, der Prävention und Information über IT-Risiken sowie der Erarbeitung von Lösungen und Verbesserungen für die IT-Sicherheitslage in Deutschland.
Das FZI ist forscht in den Bereichen Informatik und verwandter Wissenschaften mit dem Ziel, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis zu überführen. Im Projekt eMergent führte das FZI die Sicherheitsanalyse der ausgewählten Medizinprodukte durch.