KOPHIS Partizipationsworkshops
Am 23. und 24. Januar 2018 diskutierten Mitarbeiter*innen der Katastrophenforschungsstelle (KFS) und des Zentrums für Telemedizin in Bad Kissingen (ZTM) unter Organisation des Deutschen Roten Kreuzes Nordrhein (DRK) Zwischenergebnisse mit verschiedenen Akteuren der Modellregion Willich.
Ziel des Projektteams ist die Entwicklung eines Unterstützungskonzepts für die Vernetzung von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben mit Pflegediensten für die Vorbereitung und Bewältigung von Katastrophen bzw. besonderen Lagen.
Es wurde zum einen ein partizipativer Workshop mit Vertreter*innen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Pflegediensten und der Seniorenberatung in Willich durchgeführt, auf denen die Forschungsergebnisse aus den qualitativen Interviews und den quantitativen Befragungen in Willich vorgestellt wurden. Anschließend wurden Widersprüche und Thesen, die sich aus der Forschung ergeben haben, gemeinsam erörtert. Die Diskussion war sehr ergiebig, da durch die Befragungen der Bevölkerung viele Vermutungen der Workshop-Teilnehmenden z.B. zur Erwartungshaltung, Sensibilisierung und Bevorratung mit Zahlen unterlegt werden konnten. Insgesamt wurde betont, dass besonders der Politik eine große Bedeutung zukäme, da viele Veränderungsbedarfe mit gesetzlichen Veränderungen einhergehen müssten. So bräuchte beispielsweise der Informationsfluss zwischen den Pflegediensten und BOS eine gesetzliche Grundlage. Aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung müsste politisch forciert werden.
Die Forschungsergebnisse wurden zum anderen bei einer Gesprächsrunde mit Hilfe- und Pflegebedürftigen aus Willich diskutiert. Auch sie erhielten zunächst einen Input, an den sich sehr lebendige Diskussionen anschlossen. Wichtige Themen waren die gelebte Nachbarschaftshilfe und die Bevorratung. Besonders nachdrücklich wurde von vielen darauf hingewiesen, dass bereits der Alltag für viele Menschen schwierig zu bewältigen sei und es ein Ziel von KOPHIS sein sollte, bereits das tägliche Leben nutzbar zu verbessern. Dazu gehöre eine gut ausgebaute Infrastruktur, wie z.B. öffentliche Verkehrsmittel, medizinische Versorgung oder mehr Ressourcen bei den Pflegediensten. Daneben fehle es aber auch an vielen kleinen Dingen, wie beispielsweise mehr Ruhepunkte im öffentlichen Raum. Einige Teilnehmende bemängelten auch die Nutzung des Hausnotrufes im Alltag.
Ein weiterer Schwerpunkt der Workshops lag in der Reflektion der Ergebnisse aus der Technikanalyse. Das Projektteam stellte den Teilnehmern technische Lösungsansätze zur Unterstützung der Vorbereitung und Bewältigung von Katastrophen vor. Anhand mehrerer Beispiele (u.a. Notstromversorgung, Notfalltracker, Soziale Medien, Katwarn-App, Pflegeinformationssystem) erhielten die Teilnehmer einen Eindruck von den Einsatzmöglichkeiten und diskutierten über „Segen und Fluch" der Technik. Die Rückmeldungen ergaben hohes Interesse aber auch Skepsis und Informationsbedarf.
Für die Vernetzung von Pflege und BOS kann die Bereitstellung von Informationen über die Anzahl und Pflegebedarfssituation der Hilfsbedürftigen einer Region im Falle einer besonderen Lage hochinteressant für die Einsatzplanung sein. Die Bereitstellung der Daten sei aber noch datenschutztechnisch und organisatorisch zu klären, da hierfür bislang keine Regelungen existieren.
Bei den Hilfsbedürftigen selbst waren einfache Lösungen wie die Steckdosenleiste mit eingebautem Akku für Notstrom und der Notfalltracker sehr interessant. Die Katwarn-App oder andere Apps waren den Hilfsbedürftigen nicht bekannt. Da die Teilnehmer (bis auf wenige Ausnahmen) nicht einmal regelmäßig ein Mobiltelefon mit sich führen, begrüßten sie die Idee, dass ihre Nachbarn und Angehörige, die selbst Smartphones und andere Technik einsetzen, in die Unterstützung einbezogen werden. Generell war das Interesse hoch, sich mit Technik zu beschäftigen, aber es soll einfach und praktisch für den Alltag sein. Daher entstand im Workshop die Idee, dass BOS und Pflege gemeinsam Informationsveranstaltungen und Beratungsgespräche für die Vorbereitung zu besonderen Lagen anbieten, ähnlich zum Einbruchsschutz durch die Polizei, um mehr über technische Lösungsansätze zu erfahren und konkrete Handlungsempfehlungen zur Vorsorge zu erhalten.