ZTM Innovation
„CAEHR“ – Roter Daten-Faden bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt gelten als häufigste Todesursache in Deutschland. Nicht nur in diesen zeitkritischen Notlagen kann digitale Technik die Helfenden entscheidend unterstützen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen können akut lebensbedrohende Auswirkungen haben und in chronischer Form die Lebensqualität von Betroffenen stark einschränken. Das Telemedizin-Projekt „CAEHR“ (Cardio-vascular diseases – Enhancing Healthcare through cross-sectoral Routine data integration) soll dabei helfen, diese Erkrankungen zukünftig rechtzeitig zu erkennen und die einzelnen Therapieschritte zu verbessern. „CAEHR“ testet in den kommenden vier Jahren in den Regionen Hannover/Göttingen, Berlin und Würzburg/Mainfranken digitale Lösungen, die im Erfolgsfall für den überregionalen Einsatz weiterentwickelt werden. Das ZTM bringt seine langjährige Erfahrung mit den technischen Systemen des digitalen Notfallmanagements ein und ist für die Implementierung und den Roll-Out der Lösungen vor Ort in den Einrichtungen zuständig. Informationsfluss – vom Rettungswagen bis zur Reha Die Behandlung einer schwerwiegenden kardiovaskulären Erkrankung bedarf umfangreicher medizinischer Expertise: von der Notfallversorgung über den Transport im Krankenwagen sowie der stationären klinischen Versorgung bis hin zur Rehabilitation und ambulanten Nachsorge in der Hausarztpraxis. Das Problem dabei: In jedem Abschnitt der Versorgungskette sehen die Behandelnden bislang lediglich Momentaufnahmen ihrer Patienten. Für maßgeschneiderte Therapieoptionen müsste jedoch an jedem Punkt des Gesundheitssystems das Gesamtbild eines individuellen Krankheitsverlaufes dargestellt werden. Hier tritt „CAEHR“ auf den Plan: Das Projekt bündelt den gesamten medizinischen Informationsfluss und verknüpft die verschiedenen Akteure des Gesundheitssystems. Dazu werden in allen Teilbereichen der Behandlungskette strukturierte und standardisierte Gesundheitsdaten erhoben, gespeichert und zur Verfügung gestellt. Die vom ZTM entwickelten und erweiterten HL7-Schnittstellen ermöglichen die Übertragung und Integration präklinischer Daten direkt in das jeweilige Krankenhausinformationssystem.
Betroffene, Helfende und das Gesundheitssystem sollen gleichermaßen profitieren Die präzise Darstellung des Krankheits- und Therapieverlaufs verfolgt mehrere konkrete Ziele: So sollen Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser verstanden werden, Therapiemöglichkeiten optimiert sowie Versorgungsmodelle entwickelt und ausgebaut werden. Patienten sollen von präziseren Prognosen zu ihren individuellen Krankheitsverläufen profitieren. Aber auch das Gesundheitssystem soll Vorteile aus „CAEHR“ ziehen können: Neue telemedizinische Verfahren und digitale Lösungen helfen dabei, Krankenhausaufenthalte zu verkürzen und Kosten einzusparen – ohne, dass dies zulasten der Patienten geht. Drei gesundheitliche Schwerpunkte im Fokus Um diese Ziele umzusetzen, fokussiert sich „CAEHR“ im Rahmen seiner vierjährigen Laufzeit auf drei wesentliche Aspekte in der Behandlungskette von Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Schlaganfall, Rehabilitation und Ambulanz. Ein Schlaganfall, ausgelöst durch den Verschluss einer Hirnarterie durch Blutgerinnsel, stellt eine lebensbedrohliche Notfallsituation dar. „Zeit ist Gehirn!“, lautet hier die Devise: In jeder Minute, in der das Blutgefäß verschlossen bleibt, sterben Schätzungen zufolge rund zwei Millionen Nervenzellen, 14 Milliarden Nervenzellverknüpfungen und zwölf Kilometer Nervenfaserbahnen im Gehirn ab. Ein zweiter inhaltlicher Schwerpunkt von „CAEHR“ liegt auf der Versorgung von Risikopatienten, die nach einer Herzklappen-Implantation auf Rehabilitationsmaßnahmen angewiesen sind. Diese sollten, ebenso wie Diagnose und Therapie, optimal auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst werden. Dabei spielen der persönliche Gesundheitszustand sowie der Zeitpunkt der Maßnahmen eine wichtige Rolle. Hier löst „CAEHR“ mit einem vollständig digitalen Workflow die papiergestützte Dokumentation ab und macht für alle Beteiligten aus den Fachbereichen Medizin, Psychologie, Physiotherapie und Pflege die zum Behandlungserfolg notwendigen Gesundheits- und Diagnosedaten nutzbar.
Schnelle Diagnose, rasch einsetzende Therapie sowie umfangreiche Nachsorge und Rehabilitation stehen bei einem Schlaganfall im Vordergrund – unabhängig davon, ob sich der Notfall auf dem dünn besiedelten Land oder in einer Großstadt ereignet. Um Transportzeiten so kurz wie möglich zu halten, ermittelt „CAEHR“ Entfernung, Auslastung und Ausrüstung umliegender Krankenhäuser und hilft, ohne Zeitverlust die für die Versorgung bestmöglich geeignete Klinik anzusteuern. Gleichzeitig sendet es mittels digitaler Datenübertragung Diagnosewerte und akute Symptome des Schlaganfallpatienten an das aufnehmende Krankenhaus. So kann das medizinische Personal bereits im Vorfeld die Weichen für die jeweils bestmögliche Behandlung stellen.
Als Drittes will „CAEHR“ die Versorgung beim Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung verbessern. Hier sollen die Gesundheitsdaten dank Digitalisierung und Telemedizin schneller und einfacher ihren Weg zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten finden. Dadurch sollen Datenverluste vermieden werden, die Doppeluntersuchungen und unnötige Medikamentenverschreibungen nach sich ziehen. Vor allem Patienten mit Herzinsuffizienz und koronaren Herzerkrankungen stehen hierbei im Fokus. Dazu erfassen tragbare Sensoren die Herz-Gesundheitsdaten der Betroffenen auch außerhalb der Kliniken und Praxen. Die aufgezeichneten Werte werden direkt an die behandelnden Ärzte weitergeleitet. Dank speziell dafür entwickelter Algorithmen können die Fachleute darin unter anderem Hinweise auf ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko ablesen und den Risikopatienten so frühzeitig bestmögliche Präventionsmaßnahmen empfehlen. Datenvereinheitlichung als Basis der Zusammenarbeit Daten-Interoperabilität ist eine der unverzichtbaren Grundlagen des Projekts. Da bestehende digitale Lösungen nicht in jedem Falle miteinander kompatibel sind, setzt „CAEHR“ hier einen besonderen Akzent: Alle Beteiligten stellen ihre Daten in einem einheitlichen Format und basierend auf denselben Standards zur Verfügung und ziehen dadurch einen roten Faden aller Daten in der Behandlungskette. Das soll sicherstellen, dass einmal erhobene Werte zwischen Gesundheits-Apps, Klinikanwendungen, Arztpraxen und digitaler Gesundheitsakte übertragbar sind. Hier kommt auch die vom ZTM entwickelte HL7-Schnittstelle zur Übertragung und Integration präklinischer Daten direkt in das jeweilige Krankenhausinformationssystem zum Einsatz. Die Bedürfnisse und die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten sowie die umfassende Möglichkeit der Nutzung der Daten zu Therapie- und Forschungszwecken stehen im Vordergrund.
Weitere Forschungsprojekte finden Sie unter www.ztm.de/innovation